Interview: Auf zu neuen Ufern


Die 4. Generation Lagertechnik: im Gespräch mit Andrea und Vera Schulte

Was macht Ihr Familienunternehmen so erfolgreich?

ANDREA SCHULTE Zunächst einmal das Familiengefühl selbst. Unsere Familie war schon immer stark im Unternehmen präsent, aber auch das Unternehmen in der Familie. Bei SCHULTE sind daher alle sehr eng miteinander verbunden, jeder bringt viel persönliches Engagement und Leidenschaft mit ein. Als unser Unternehmen vor über 100 Jahren von meinem Großvater und seinem Bruder hier in Sundern gegründet wurde, waren das anfangs schwierige Zeiten, geprägt von der Weltwirtschaftskrise und zwei Weltkriegen. Das alles hat das Unternehmen aber zum Glück gut überstanden, vor allem, weil InhaberInnen und MitarbeiterInnen eine starke Betriebsfamilie waren, die immer alles für das Unternehmen gegeben hat. Außerdem wusste schon mein Großvater, dass Stillstand Rückschritt ist und man ständig neue Produkte bieten muss. Mit denen waren wir dann immer schnell direkt am Markt und konnten dadurch erfolgreich wachsen. Ich gehöre mittlerweile zur 3. SCHULTE-Generation und leite die Geschäfte, als Vorsitzende der Geschäftsführung, zusammen mit meinem Cousin  Hermann-Josef Schulte. In meinen gut 30 Jahren im Unternehmen habe ich mich insbesondere auf den Aufbau des spannenden Bereichs der Industrieregale fokussiert. Anfang 2034 werde ich das Unternehmen an die nächste Generation übergeben und meine Tochter Vera, die momentan noch eine Ausbildung bei uns macht, freut sich schon darauf, Verantwortung zu übernehmen.

VERA SCHULTE Das stimmt. Ich bin mit der Firma aufgewachsen, auch zu Hause am Mittagstisch wurde oft über sie gesprochen.  Daher weiß ich genau, was auf mich zukommt, und werde den Staffelstab gerne von meiner Mutter übernehmen. Sie bereitet mich schon jetzt intensiv, aber gleichzeitig ohne zu viel Druck darauf vor und ich lerne dabei unglaublich viel von ihr. Wenn es so weit ist, werde ich alles geben, um die Erfolgsgeschichte von SCHULTE fortzuschreiben, und dabei natürlich auch meine eigenen Ideen und Stärken einbringen. 


Wie funktioniert so ein Führungswechsel eigentlich?

ANDREA SCHULTE Ich werde Vera noch für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren als Mentorin begleiten. Danach kann ich mir durchaus eine Position in einem 
neu zu schaffenden Beirat vorstellen, aber das Unternehmerische werde ich dann der nächsten Generation überlassen. Darauf wird Vera optimal vorbereitet sein. Obwohl sie noch in der Ausbildung ist, nimmt sie schon sehr viele Dinge wahr und bildet ihre eigene Meinung dazu. Nach dem Prinzip „Learning by doing“ wächst sie nicht nur langsam in alle Unternehmensbereiche hinein, sondern dabei auch gleichzeitig mit ihren Aufgaben. Dafür geben wir ihr Zeit und natürlich auch den nötigen Spielraum, damit sie bei uns ihre eigene Persönlichkeit entfalten kann. Bei diesem Prozess begleite ich sie und bin stolz darauf, mit welch großem Interesse und mit wie viel Begeisterung sie mitmacht. Vera hat definitiv das typische SCHULTE-Unternehmer-Gen. 


VERA SCHULTE  Bevor ich mich für eine Ausbildung in unserem Unternehmen entschied, habe mir natürlich auch andere Sachen angeschaut. Aber irgendwie fand ich es bei uns am spannendsten. Es war einfach toll, wie herzlich ich sofort hier aufgenommen wurde und dass die MitarbeiterInnen immer für mich da waren, wenn ich mal Fragen hatte. Auch das macht SCHULTE für mich aus, diese besondere Herzlichkeit und das Familiengefühl. Mittlerweile habe ich schon in unterschiedlichen Abteilungen gearbeitet und dabei viele Bereiche des Unternehmens kennengelernt. Zum Beispiel die Produktion. Ich fand es wirklich interessant, unsere ganzen Produkte kennenzulernen, sie anzufassen oder auch zu sehen, wie die Maschinen funktionieren und wie damit die unterschiedlichen Teile bei uns hergestellt werden. Besonders viel Spaß hat mir der Bereich E-Commerce gemacht. Wir haben dort zum Beispiel zusammen den neuen Online-Shop der SCHULTE-Regalwelt entworfen. Ich durfte dabei mitgestalten und hatte sogar richtig viel Freiraum für meine Ideen.  

ANDREA SCHULTE   Freiraum ist ein gutes Stichwort. Freiraum ist der neue Markenkern von SCHULTE, den wir zusammen mit unserer Agentur erarbeitet haben. Ein Regal von SCHULTE schafft Platz, es schafft Ordnung und dadurch freien Raum. Freiraum für neue Ideen und innovative Lösungen. Mein persönlicher Freiraum ist etwa der unternehmerische Freiraum, den ich jederzeit vollkommen frei gestalten kann. Dieses wunderbare Gefühl von Freiheit – trotz aller Verantwortung und der vielfältigen Herausforderungen – möchte ich weitergeben. Wir hören der nächsten Generation gut zu, schenken ihr unser Vertrauen und empowern sie, wie man heute sagt. Sie soll die Freiheit haben, selber zu entscheiden, wie das Unternehmen später weitergeführt wird. Diese Art der Wertschätzung gehörte schließlich schon immer zu unseren Familienwerten.

VERA SCHULTE   Für mich bedeutet Freiraum auch Freiheit zur Persönlichkeitsentwicklung, dass man sich verändern kann, eigene Entscheidungen treffen kann und man mir das notwendige Vertrauen dazu schenkt. Meine Mutter und ich harmonieren übrigens ausgezeichnet, auch wenn wir altersgemäß ganz anders ticken. Ich bin zum Beispiel mit der Digitalisierung groß geworden. Für mich ist es daher noch selbstverständlicher, damit umzugehen und für die digitale Zukunft bereit zu sein. Ich glaube, diese uneingeschränkte Offenheit und Bereitschaft für schnelle, dynamische Veränderungen macht meine Generation unter anderem aus. Was ich auf jeden Fall von meiner Mutter geerbt habe, ist ihre Faszination für Farben und Ästhetik, mit der sie völlig neue Impulse in der Welt der monotonen, stahlgrauen Lagerregale setzen konnte. 


Was sind die wichtigsten Zukunftsthemen für Sie beide?

ANDREA SCHULTE  Auf jeden Fall künstliche Intelligenz und Automatisierung, das sind Megatrends in der Lagertechnik, für die wir uns entsprechend aufstellen müssen. Daran arbeiten wir natürlich auch bereits. Ich glaube aber, dass eine Zeit mit so vielen Veränderungen, sei es durch Digitalisierung oder etwa den Klimawandel, auch große Chancen bietet. Man muss nur den Mut zur Innovation und das Können für deren Umsetzung haben. Das Thema Nachhaltigkeit spielt natürlich auch eine wichtige Rolle. Bei einem sauerländischen Familienunternehmen wie SCHULTE gehört Nachhaltigkeit in Form von Kostenbewusstsein, Sparsamkeit und Nichtvergeuden natürlich zu den traditionellen Werten. In der heutigen Zeit ist es aber noch wichtiger geworden, ressourcenschonend zu arbeiten, effiziente Prozesse zu haben oder Müll zu vermeiden. Damit beschäftigen wir uns intensiv, zum einen wegen unserer Umwelt und zum anderen, weil wir das Unternehmen bestmöglich an die 4. Generation weitergeben wollen.

VERA SCHULTE  Klimawandel und Nachhaltigkeit sind natürlich ständiges Thema in meiner Generation, und wir wissen, dass wir für einen positiven Wandel viel verändern müssen, damit unser Planet noch lange weiter lebenswert bleibt. Ich werde jedenfalls versuchen, im Rahmen meiner Möglichkeiten alles dafür zu tun. Schon heute produzieren wir bei SCHULTE übrigens ausschließlich mit Ökostrom aus erneuerbaren Energien. Und unsere Regale haben nicht nur eine besonders lange Lebensdauer, sondern sind auch zu 100 % recycelbar. Das sind vielleicht nur kleine Schritte auf einem langen Weg, aber wir werden ihn auch in Zukunft konsequent weitergehen.