Das Ziel ist klar; der Weg dorthin nicht unbedingt steinig, aber doch mit der einen oder anderen Hürde versehen, die es – zum Wohle des eigenen Unternehmens als auch des Finanzamtes – zu nehmen gilt: wir reden von der Inventur des Inventars; also der vollständigen Aufnahme des materiellen und des immateriellen Vermögens. Diese ist auf vielfältige Arten und Weisen zu vollziehen:
- Als „Stichtagsinventur“ an einem ganz bestimmten Tag beziehungsweise plus/minus zehn Tage davor oder danach
- Als „Zeitversetzte Inventur“ mit einem Zeitpuffer von bis zu drei Monaten vor und zwei Monaten nach dem eigentlichen Stichtag
- Als „Permanente Inventur“, bei der die gesamten Bestände nicht zu einem bestimmten Stichtag, sondern während des gesamten Geschäftsjahres notiert werden
- Als „Stichprobeninventur“, bei der – nach Genehmigung durch das Finanzamt – anhand von Stichproben eine Hochrechnung des Bestandes durchgeführt wird
- Als „Buchinventur“, im Rahmen derer ausschließlich die Vermögenswerte erfasst werden, die nicht physisch durch eine körperliche Inventur erfasst werden können
- Als „Körperliche Inventur“, bei der das gesamte betriebliche Vermögen präzise durch zählen, wiegen oder messen erfasst wird.
Für welche Inventur Sie sich dabei auch entscheiden – mit nachfolgenden wichtigsten Tipps und Tricks läuft Ihre Inventur definitiv ein wesentliches Stück geschmeidiger, geräusch- und reibungsloser ab. Sehr zum Vorteil Ihres täglichen Betriebsablaufes und Ihrer Beziehung zum Finanzamt.
Computer, Tablets, Apps, Warehouse Management Systeme, Lagerverwaltungssysteme, Handscanner – die Liste der leistungsstarken IT-gestützten Helfer für die Inventur ist lang. Das „Heute-wegen-Inventur-geschlossen-Schild“ gehört sicherlich der Vergangenheit an. Trotz aller Digitalisierung und dem Trend zur permanenten Inventur, bei der einem das System alle Bestände auf Knopfdruck liefert, bleibt eine Verantwortung gegenüber dem Finanzamt davon unberührt: Der Lagerbestand muss auch „körperlich aufgenommen“ werden.
In den „Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Inventur“ heißt es dazu: „Fehlt eine körperliche Bestandsaufnahme oder enthält das Inventar in formeller oder materieller Hinsicht nicht nur unwesentliche Mängel, ist die Buchführung nicht als ordnungsmäßig anzusehen (Abschnitt R 5.3 Abs. 4 EStR), und die hierauf aufbauende Bilanzierung ist nichtig.“
Dieses können Sie einfach vermeiden. Dazu dienen Ihnen die folgenden Tipps:
Die wichtigsten tipps und tricks für den reibungslosen ablauf ihrer lagerinventur
Tipp Nummer 1: Sorgfältige Planung im Vorfeld
- Erstellen Sie einen detaillierten Ablaufplan. Definieren Sie, ob die Produktion beziehungsweise der Verkauf während der Inventur in vollem Umfang weiterläuft, reduziert weiterläuft oder vollständig geschlossen wird.
- Bestimmen Sie einen Verantwortlichen für jeden Abschnitt beziehunsgweise Bereich.
- Unterteilen Sie gegebenenfalls – je nach Unternehmensgröße – die zu erfassenden Bereiche und ordnen Sie diese oder räumen Sie diese Bereiche auf.
- Separieren Sie defekte, beschädigte oder – im Falle von zum Beispiel Lebensmitteln oder Medikamenten – abgelaufene Waren/Güter.
Stellen Sie dabei vor allem sicher, dass Ihnen a) genügend Mitarbeiter zur Verfügung stehen, die die Inventur durchführen, dass diese entsprechend eingewiesen sind und ihnen alle notwendigen Hilfsmittel in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen:
- Inventurprotokolle,
- Formulare für die Aufnahme der Waren, Maschinen beziehungsweise Anlagen,
- Stifte, Zettel, Waagen, Leitern und Taschenrechner sowie
- Listen für Waren, die während der Inventur verkauft oder von denen Lieferungen erwartet werden.
Tipp Nummer 2: Teamarbeit und Systematik ist angesagt
Während die Inventur läuft, ist es ratsam, dass der Inventurleiter den entsprechenden Bereich schließt und alle Güter an Ort und Stelle verbleiben. Das Zählen selbst wird durch zwei einfach zu befolgende Regeln erheblich erleichtert:
- Alle Güter/Waren immer von oben nach unten und von links nach rechts zählen
- Ein Kollege zählt – der andere schreibt auf. Neben der Bezeichnung des Lagerguts werden dann weitere Merkmale wie Warengruppe, Menge, Alter oder auch Preis notiert.
Nach Beendigung der Inventur, wenn alle Warenbestände, Maschinen und Anlagen gezählt/erfasst wurden, wird die vollständig ausgefüllte Inventurliste dem Prüfer vorgelegt. Dieser hat dafür Sorge zu tragen, dass beide Kollegen – in diesem Falle also der „Schreiber“ und der „Zähler“ – die Liste unterschrieben haben und die vorgelegten Listen vollständig und vor allem auch gut lesbar sind.
Tipp Nummer 3: Nachweispflicht einhalten und umsetzen
Sie müssen dem Finanzamt gegenüber nachweisen können, dass Sie jeden Lagerort körperlich gezählt haben. Dazu archivieren Sie die zweifach unterschriebenen/abgezeichneten Zähllisten sorgfältig. Inventurdifferenzen sind dabei vorab im Rahmen einer manuellen Bestandkorrektur zu beheben. Nur ein so komplettierter, gesammelter Bestand an Zähllisten garantiert Ihnen langfristig den erfolgreichen Nachweis, dass Sie auch wirklich jeden Lagerort einmal im Jahr erfasst haben.
Daten speichern, speichern, speichern! Klingt selbstverständlich – ist es aber leider nicht
Tipp Nummer 4: Datensicherung gewährleisten!
Ein weiterer großer Fehler, der Prüfern im Rahmen von Inventarprüfungen – ganz gleich ob im Rahmen von Permanenter oder Stichtagsinventur – leider immer wieder auffällt, ist, dass die erhobene Daten nicht im Warenwirtschaftssystem beziehungsweise Warehouse Management System gespeichert worden sind. Das ist gerade bei der Permanenten Inventur ein häufig auftretender Fehler. Frei nach dem Motto „einmal auf den Knopf drücken reicht“ gehen viele Lagerbetreiber davon aus, dass die Daten damit automatisch gespeichert sind – vor allem wenn sie als Komplettinventur ausgedruckt werden. Doch das ist immer eine Frage der Systemeinstellung, die bei jedem Warehouse Management Systemanbieter individuell nachgefragt/geprüft werden muss.
Sind die Daten wider Erwarten nicht gespeichert, laufen Sie bei einer Steuerprüfung Gefahr, dass keine Inventurdaten aufgerufen und überprüft werden können. Und wenn sie dann nur das Summenblatt aufbewahrt haben, und nicht die einzelnen Inventurblätter mit den einzelnen Gütern, dann wertet der Prüfer das oft als „nicht ordnungsgemäße Buchhaltung“. Die Folge davon können unangenehme Hinzuschätzungen sein, die man sich einfach hätte ersparen können, wenn die Daten vorab ganz bewusst gespeichert worden wären.
Fazit
Inventuren sind oftmals als wohl oder übel notwendige Zählerei für das Finanzamt verschrien. Zu Unrecht! Eine Inventur liefert immer auch wichtige Kennzahlen für eine Vielzahl unternehmerischer Entscheidungen. Dazu gehören:
- Das Überprüfen der Preisstrategie. Die Inventur hilft, das Vermögen besser zu kontrollieren. Dadurch können Gewinne und Umsätze analysiert und die Preispolitik entsprechend angepasst werden.
- Das Vorbeugen von Differenzen. Die Inventur zeigt fehlende Bestände auf, die sich später in fehlendem Umsatz beziehungsweise verringertem Gewinn manifestieren.
- Das Einleiten von Sicherheitsmaßnahmen. Speziell im Einzelhandel deckt die Inventur Schwund durch Diebstahl auf und bietet die Grundlage für Investitionsentscheidungen hinsichtlich des Diebstahlschutzes
- Das Ermitteln von Ladenhütern/Schnelldrehern. Die Inventur zeigt an, ob Güter lange im Regal liegen und hilft so bei der Planung von absatzfördernden Maßnahmen.
- Das Identifizieren von Knappheiten. Die Inventur schafft die Basis für rechtzeitige Bestellungen und deckt darüber hinaus zum Beispiel auch beschädigte Ware auf, die beispielsweise während des Transports beschädigt wurde.